Ein Blick in die Wahlprogramme vor der NRW-Landtagswahl

Stellungnahme

Gute wissenschaftliche Karrierewege sind Ländersache –
Ein Blick in die Wahlprogramme vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen

Die Deutsche Gesellschaft Juniorprofessur e. V. (DGJ) setzt sich für die Schaffung nachhaltiger Karrierewege in der Wissenschaft ein. Es ist erfreulich, dass sich dieses Themenfeld auch in einem Großteil der aktuellen Wahlprogramme der Parteien für die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen (NRW) niederschlägt. Dies gibt uns Anlass, einmal näher in die Wahlprogramme zu schauen und die Forderungen der Parteien gegenüberzustellen. Zugrunde gelegt haben wir die Parteiprogramme der im Landtag aktuell vertretenden Parteien sowie derer, deren Einzug in den Landtag möglich erscheint. Hierzu zählen die SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP, Die Linke, Piratenpartei sowie die AfD. In den Parteiprogrammen der Piratenpartei sowie der AfD konnten wir zwar vereinzelt hochschulpolitische Aussagen, aber leider keine Positionen zur Gestaltung wissenschaftlicher Karrierewege und hierfür erforderlicher Rahmenbedingungen ermitteln, so dass sie im Folgenden nicht näher betrachtet werden können. Mit der hier erstellten Übersicht wollen wir keineswegs eine Wahlempfehlung aussprechen. Unser Anliegen ist es, die Aufmerksamkeit der Wählerinnen und Wähler in NRW auf dieses wichtige Themenfeld zu lenken, damit es bei ihrer Wahlentscheidung Berücksichtigung finden kann.

Beschäftigungsbedingungen und Karrierepfade: Eine Kernforderung der DGJ ist die flächendeckende Einführung des Tenure-Track-Modells als Karriereweg zur Professur an deutschen Universitäten. Eine weitere Förderung dieses Modells fordern die CDU und die FDP in ihren Wahlprogrammen. Die Linke möchte neben der Professur andere attraktive Berufspfade etablieren und rechtlich verankern. Die Eindämmung bzw. Reduzierung befristeter Beschäftigung beim wissenschaftlichen Personal wird von SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen und den Linken gefordert. Hier herrscht – mit Ausnahme der FDP – Einigkeit. Die FDP adressiert hingegen als einzige Partei explizit die Vereinbarkeit von Wissenschaftsberuf und Familie.

Strukturen: Die DGJ setzt sich für eine Modernisierung der Organisationsstrukturen an Hochschulen ein, um eine Professionalisierung und Entbürokratisierung sowie ihren Angehörigen einen fairen Zugang zu Ressourcen in Forschung und Lehre zu gewährleisten. Die Linke macht verschiedene Vorschläge zur Veränderung der Strukturen und Rahmenbedingungen, bspw. durch die Abschaffung der Stellenkategorie der wissenschaftlichen Hilfskraft zugunsten wissenschaftlicher Mitarbeiter_innen. Die FDP hält die Grundsätze und Vergütungsstrukturen, die der Verbeamtung zugrunde liegen, für veraltet und sieht in Angestelltenverhältnissen bessere Möglichkeiten, um familienverträgliche Rahmenbedingungen zu schaffen und international renommierte Wissenschaftler_innen zu gewinnen. Die Verbesserung der Gleichstellung der Geschlechter an den Hochschulen wird durch die SPD angesprochen. Bündnis 90/Die Grünen adressieren den Aspekt der Entbürokratisierung durch die vereinfachte Einstellungsverfahren für Hilfskräfte.

Finanzierung: Die DGJ macht sich für eine deutliche Verbesserung der Grundfinanzierung der Hochschulen durch die Länder stark, um den für die nachhaltige Verbesserung der Beschäftigungsverhältnisse notwendigen finanziellen Spielraum zu schaffen. Die allgemein unzureichende Grundfinanzierung der Hochschulen wird von nahezu allen Parteien nur oberflächlich adressiert und es werden nur wenig konkrete Lösungshinweise aufgezeigt. CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP verweisen hier insbesondere auf einen dauerhaften Bedarf von Mitteln aus dem Bund. Konkret genannt wird von der CDU der Hochschulpakt, den sie verstetigen möchte. Das aktuell ausgeschriebene Bund-Länder-Programm zur Schaffung von 1.000 Tenure-Track-Professuren findet in den Wahlprogrammen jedoch keine Erwähnung. Die Linke macht deutlich, dass sie die Drittmittelabhängigkeit reduzieren möchte.

Fazit: Wir freuen uns, dass sich die aktuelle Diskussion um die Verbesserung der Beschäftigungsverhältnisse und Karrierepfade auch in den Wahlprogrammen niederschlägt. Die vorgeschlagenen Ansätze und Schwerpunkte unterscheiden sich zum Teil stark. Leider werden manche für uns zentrale Anliegen nur unzureichend oder gar nicht angesprochen. Aus unserer Sicht ist ein deutlicher Aufwuchs an Professuren notwendig, insbesondere um ein angemessenes Betreuungsverhältnis für die Studierenden sicherstellen zu können. Auch die Transparenz von Berufungs- und Evaluationsverfahren gilt es zu verbessern, wie Ergebnisse aus unserer aktuellen Studie zur Zwischenevaluation (http://www.juniorprofessur.org/studie) deutlich machen. Hierzu haben sich die genannten Parteien jedoch gar nicht geäußert.

Kontakt für Rückfragen:
Jens Pöppelbuß, jens.poeppelbuss@juniorprofessur.org

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  SPD CDU Grüne FDP Die Linke
Beschäftigungsbedingungen und Karrierepfade
Eindämmung bzw. Reduzierung befristeter Beschäftigung X X X X
Förderung des Tenure-Track-Modells X X
Umsetzung und Weiterentwicklung NRW-Rahmenkodex “Gute Arbeit” X
Alternative Karrierewege im Mittelbau schaffen X
Beschäftigungssituation der Lehrbeauftragten an Kunst- und Musikhochschulen verbessern X X
Verbesserung der Vereinbarkeit von Promotion und Job X
Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Wissenschaft X
Doppelkarrieren mit Lebenspartner an einer Uni X
Strukturen
Professoren nach Angestelltenrecht beschäftigen X
Gleichstellung der Geschlechter an den Hochschulen verbessern X
Unterschied Entlohnung Uni/FH abschaffen X
Wiss. Hilfskräfte zugunsten wiss. Mitarbeiter_innen abschaffen X
Vereinfachte Einstellung von Hilfskräften X
Personalvertretung für studentische Hilfskräfte X
Hochschulpersonal zurück in Landeshoheit übergeben X
Finanzierung
Gute Finanzierung sicherstellen X X X
Finanzielle Unterstützung durch Bund (z. B. durch Hochschulpaktmittel) X X X
Drittmittelabhängigkeit der Hochschulen und direkte Auftragsforschung reduzieren. X